EISEN HERSTELLEN WIE VOR 2000 JAHREN
Experimentelle Archäologie im historischen Dorf Gannahall
Am kommenden Samstag wird unser Freund Robert Funkenschläger mit seinen Helfern in Gannahall zu Gast sein, um auf uralte Weise aus Raseneisenerz-Knollen mittels eines Rennofens aus Lehm Eisen herzustellen.
Interessenten können gern vorbeischauen, wir möchten dennoch darauf verweisen, dass es sich um keine reguläre Veranstaltung handelt. Es wird also keinen Verkauf oder öffentliche Toiletten geben. Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass im vorderen Bereich des Geländes parallel eine interne Geburtstagsfeier des Semnonenbund e.V. stattfindet, allerdings dürfte sich eine eventuelle Lärmbelastung im rückwärtigen Gelände kaum bemerkbar machen.
Zu guter Letzt verweisen wir darauf, dass sich auf dem gesamten Areal verschiedene Baustellen befinden, wir bitten also dringend darum Absperrungen, Hinweisschilder und Anweisungen unserer Leute vor Ort in Ihrem eigenen Interesse zu beachten.
Hier nun einige Hintergrundinformationen von Robert zu unserer Aktion:
Gannahall als Teil des WOODFORD FURNACE FESTIVAL 2020
Eisen…kein Material ist so allgegenwärtig und dennoch so mythisch. Einst wertvoller als Gold war es dem Menschen nur in Form von sehr seltenem Himmelseisen (Meteoreisen) bekannt. Sofort wurden die überragenden, mechanischen Eigenschaften von Eisen im Vergleich zu Stein-, Kupfer- oder Bronzewerkzeugen erkannt. Die ältesten Funde datieren noch vor die Bronzezeit (ca. 5.500 Jahre alte Eisenperlen aus einem ägyptischen Grab sowie ein ca. 4.500 Jahre alter Dolch aus Anatolien) und man kann nur mutmaßen, welche Faszination dieses außerirdische Material auf die Menschen ausgeübt haben muss. Es sollten allerdings (gemessen ab den ägyptischen Eisenperlen) noch 2 Jahrtausende vergehen, bis es den Hethitern um 1.500 v. Chr. gelang, mit Hilfe von Rennöfen, Eisen aus Eisenerz herzustellen. Um 800 v. Chr. hatte sich dieses Wissen in Südeuropa so weit verbreitet, dass ab dort die europäische Eisenzeit gerechnet wird. Die flächendeckende Verbreitung in Mittel- und Nordeuropa war ca. um 400 – 300 v. Chr. vollzogen.
Eisenerz in Rennöfen zu verhütten, war bis kurz vor Ende des Mittelalters die einzige Möglichkeit zur Erzeugung von schmiedbarem Eisen. Ab dem 14. Jahrhundert kamen die ersten Vorläufer der modernen Hochöfen auf. Rennöfen wurden in abgelegenen Gehöften wohl noch bis ins 17. Jahrhundert vereinzelt betrieben, verschwanden dann in Europa aber vollkommen…und mit ihnen das Wissen darüber.
Seit einigen Jahrzehnten entwickelt sich (hauptsächlich im europäischen und angloamerikanischen Raum) eine kleine Szene, bestehend aus Hobbyschmieden, Archäotechnikern, Archäologen und sonstigen Enthusiasten, welche die Rennofentechnik wieder zum Leben erweckt.
Auch Museen oder bestimmte Regionen entdecken dieses kulturelle Erbe neu. Vor diesem Hintergrunde findet in Irland jährlich das Woodford Furnace Festival statt, das 2018 sogar landesweit im Fernsehen übertragen wurde.
Teams u.a. aus Irland, England, Polen, USA, Luxemburg, Belgien, Frankreich und Deutschland wurden mit lokal gewonnenem Raseneisenerz versorgt und verhütteten dieses in verschiedensten Rennöfen.
Die gewonnen Eisenluppen wurden zum Teil noch vor Ort von erfahrenen Schmieden zu Barren ausgeschmiedet und diese später zu wunderschönen Gebrauchsartikeln weiterverarbeitet. 2019 gab es eine erfolgreiche Wiederholung des Events.
Auf Grund der Reisebeschränkungen findet das Woodford Furnace Festival dieses Jahr am 23.08.20 als Online-Festival statt. Teams u.a. aus Irland, UK, USA, Polen, Belgien, Luxemburg und sogar Japan bekommen im Vorfeld irisches Raseneisenerz geschickt und verhütten dieses entweder live am Tag des Festivals oder verhütten vorher und stellen ein Video der Ofenreise zur Verfügung. Ein Video-Jockey wird in einer Konferenzschaltung von Ofen zu Ofen schalten. Es wird einen Q&A-Bereich und Interviews geben.
Das Semnonendorf Gannahall wird 2020 Teil des woodford furnace festivals sein. Am Samstag den 08.08.20 wird das Team bestehend aus den Schmieden Robert Seiler & Lennard Gardian, der Künstlerin Kamala Pandita Seelbach und den zwei Lehrlingen Chris und Hotte eine traditionelle Eisenverhüttung im Rennofen durchführen. Wer diese seltene Ereignis live erleben möchte, ist eingeladen, nach Gannahall zu kommen.